Willkommen auf Palace-Malia
Auf diesen Seiten finden Sie eine Untersuchung zum Stadtbegriff in der
minoischen Bronzezeit. Das mag sich zunächst nur mäßig
spannend anhören, allerdings ist der Stadtbegriff eine ausgesprochen
interessante Geschichte, vor allem wenn wir ihn bei Kulturen anwenden,
über die wir praktisch nichts wissen. Dazu zählen die Minoer
auf jeden Fall.
Zwar kennen wir ihre prachtvollen Paläste und ihre einmalig schönen
Kunstwerke, wir wissen, dass sie eine extrem ungewöhnliche und
auf ihre Art wahrscheinlich einmalige Hochkultur hervorgebracht haben,
wir denken, dass sie durch den Ausbruch des Vulkans auf Thera letztendlich
untergangen sind, was dazu führte, dass immer wieder spekuliert
wird, ob nicht sie Plantons Atlantis inspirierten, doch wissen
- und ich rede hier von gesichertem Wissen und nicht Interpretation
und Glauben - tun wir über das legendäre Volk des Minos nichts.
Die Minoer sind uns fremder als die Rückseite des Mondes. Das -
zumindest nach meiner Auffassung - macht sie so spannnend und deswegen
habe ich sie gewählt, um diese Untersuchung durchzuführen.
Viel Spass beim Lesen.
Einleitung
Kreta ist
keine Insel, Kreta ist ein Kontinent. So zumindest kommt es dem Besucher
vor. Archäologisch fassbar ist
Kreta seit dem 7. Jahrtausend besiedelt.
Um die Mitte des 3. Jahrtausends brachten Einwanderer die Bronze mit
auf die Insel. Eine rasante Entwicklung setzte ein. Im beginnenden 2.
Jahrtausend hatte sich eine Hochkultur entwickelt, die nach A. Evans
die minoische genannt wird. Diese Minoer unterschieden sich von den
alten Hochkulturen in mancherlei Hinsicht. Es ist keine hydraulische
Hochkultur. Schon allein dadurch handelt es sich um eine neue Klasse.
Zentren dieser Kultur waren prächtige Paläste. Anlage und
Ausstattung dieser Paläste waren ebenso ungewöhnlich, wie
die künstlerischen Ausdrucksformen, die sich entwickelten. Allem
Anschein nach stellt die minoische Kultur einen Sonderfall dar, der
sich weder auf Vorgänger stützen konnte, noch wirklich Nachfolger
fand.
Die vorliegende Arbeit begibt sich auf die Suche nach der „minoischen
Stadt“. Der Stadtbegriff ist nicht erst seit Max Weber ein kontrovers
diskutierter Gegenstand der Forschung. Max Weber gilt jedoch in dieser
Diskussion als eine Art Zäsur. So widmet sich der erste Teil der
Arbeit seinem Stadtbegriff. Im Anschluss daran folgt ein Blick auf die
aktuelle Forschung und den Stadtbegriff in der Antike. Anhand der gewonnenen
Erkenntnisse ist schließlich Kreta selbst Gegenstand der Untersuchung.
Aus unterschiedlichen Blickwinkeln soll geprüft werden, ob die
bereits ergrabenen Siedlungsplätze sinnvoll mit einem Stadtbegriff
belegt werden können. Inwieweit dies in diesem Rahmen zu leisten
ist, wird zu zeigen sein.
Zu
dieser Arbeit
Diese Untersuchung zum Stadtbegriff im minoischen Kreta entstand ursprünglich
im Rahmen meines Archäologiestudiums. Es ist am Ende eine Studienabschlussarbeit
geworden, geplant war es ein wenig anders, aber so geht es im Leben.
Leider verwenden die meisten Archäologen den Stadtbegriff, ohne
lange darüber nachzudenken, was er eigentlich bedeutet. Sie scheinen
noch nicht einmal zu ahnen, wie kontrovers dieser Begriff belegt ist.
Diese Arbeit soll eine Hilfestellung sein, sie liefert allerdings keine
definitive Antworten. Ich habe mir die Mühe gemacht, Max Weber
zu lesen und wer jemals einen Text von ihm gelesen hat, weiß,
das dies kein kleines Unterfangen ist. Der Absatz zu seinem Stadtbegriff
stellt eine Art Exzerpt da. Es ist nicht jedermanns Sache, seitenlange
Sätze weberdeutscher Ausrichtung auseinander zu pflücken in
dem Versuch, Sinn darin zu entdecken. Ich kann nicht für die Richtigkeit
garantieren, so ungefähr dürfte ich es aber getroffen haben.
Dazu habe ich mich etwas in der Antike umgesehen, wo der Stadtbegriff
zumindest für den griechischen Raum klar belegt ist. Ebenso wie
in Deutschland war Stadt bei den Griechen ein Rechtsbegriff. Alles was
früher Polis hieß, nennen wir heute Stadt. Im Sinne
einer allgemein gültigen Definition helfen diese Beispiele leider
nicht weiter. Es gibt unzählige Dörfer, die erheblich städtischer
daherkommen, als einige dieser Poleis.
Da weder die Archäologen noch die Althistoriker zu viel Energie
auf die Definition des Begriffes verschwenden, habe ich mich zu guter
Letzt auf die Suche bei den Fachleute gemacht. Wenn sich jemand damit
auskennt, sind es die Geografen. Tatsächlich verdanke ich denen
die wichtigsten Anregungen.
Erst nachdem diese Vorarbeit abgeschlossen war, habe ich mich dem eigentlichen
Studienobjekt gewidmet: Kreta. Da es keinerlei Literatur zu
dem Thema gibt, bin ich nach Kreta gefahren und habe mich umgesehen.
Bewaffnet mit meinen Untersuchungen zum allgemeinen Stadtbegriff, bin
ich an die einzelnen Orte gereist und habe mich in allerbester Archäologenmanier
vor Ort umgesehen.
Besonderes Augenmerk habe ich dabei auf Plätz wie
Malia,
Kato Zakros,
Palaiskastro und Gournia gelegt. Sie sind nur wenig restauriert, dafür
aber hervorragend ergraben. Gerade diese vier Orte bergen meiner Ansicht
nach den Schlüssel zum Stadtbegriff in oder auf Kreta.
Wenn ich am Ende meine Gedanken etwas schweifen lasse, ist das vor dem
Hintergrund, dass ich diese Arbeit vor keinem Fachgremium verteidigen
musste. Klassische Archäologen mögen nicht ganz so verbohrt
sein wie Ägyptologen, allerdings haben es moderne und vor allem
interdisziplinäre Ansätze auch nicht immer leicht. Vielen
klassischen Archäologen ist die Denkweise fremd. Diesen Eindruck
habe ich jedenfalls während meiner Jahre an der Universität
gewonnen.
Zum Abschluss noch ein Wort zum Forschungsstand. Diese Arbeit entstand
in den Jahren 2000 und 2001. Ich habe sie seitdem nicht angefasst, es
ist durchaus möglich, dass zu dem Thema seitdem etwas fundamental
Neues erschienen ist. Glauben kann ich es offengestanden nicht.
Ich hoffe, die Untersuchung findet einige geneigte Leser. Meine Kontaktdaten
finden sich im footer, sollte jemand Fragen haben. Die Arbeit darf gerne
verwendet werden, allerdings immer mit einem entsprechenden Link auf
www.palace-malia.de
Kristian
August 2006