Die Stadt bei Max Weber
          
          Max Weber gilt als der Begründer der modernen Sozialwissenschaften. 
          In dem Aufsatz: Die nichtlegitime Herrschaft (Typologie der Städte) 
          [Erstabdruck im "Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 
          47. Band 1921 unter dem Titel: Die Stadt] , der heute Teil von "Wirtschaft 
          und Gesellschaft" ist, stellte er grundlegende Überlegungen 
          zum Begriff der Stadt an. Dieser Text gilt immer noch als eine der fundamentalen 
          Quellen zu dieser Thematik. Die folgenden Ausführungen stützen 
          sich mehr oder weniger direkt auf diesen Aufsatz. Direkte Zitat sind 
          kursiv gehalten, die korrekten Seitenangaben sind leider beim Umwandeln 
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        Was 
          macht eine Stadt zur Stadt?
          
          Wie man es auch wendet - einen Stadtbegriff zu definieren ist kein einfaches 
          Unterfangen. Zu unterschiedlich sind die verschiedenen Möglichkeiten. 
          Einziger gemeinsamer Nenner wird sein, dass es sich bei einer Stadt 
          um eine relativ geschlossene Ansammlung von Häusern handelt, und 
          nicht um vereinzelt liegende Behausungen. Wenn es schon nicht möglich 
          ist, dafür ein hinreichendes Kriterium zu finden, soll zunächst 
          mal nach notwendigen Kriterien gesucht werden, das jedes für sich 
          nicht ausschlaggebend ist, zur Definition der Stadt, aber doch ein typisches 
          Merkmal derselben ist. 
          
          In der allgemeinen Vorstellung verbindet sich mit der Stadt ein eher 
          quantitativer Begriff. Abhängig vom Kulturkreis sind "große" 
          Ansiedlungen Städte. Ihnen fehlt die sonst dem Nachbarschaftsverband 
          eigene persönliche Bekanntschaft der Bewohner. Nur ziemlich große 
          geschlossene Siedlungen entsprechen diesem Kriterium. Das Problem an 
          dieser Definition ist ganz einfach, dass aus der Geschichte ziemlich 
          viele Siedlungen bekannt sind, die den Rechtscharakter einer Stadt hatten, 
          diesem Kriterium jedoch nicht entsprachen. Im Gegenzug gibt es Dörfer, 
          die mehrere tausend Einwohner hatten, aber nicht Stadt genannt wurden.
          
          Betrachtet man das Ganze vom ökonomischen Standpunkt, stößt 
          man sehr schnell auf ähnliche Probleme. Zwar könnte man definieren, 
          dass die Bewohner einer Stadt nicht überwiegend von der Landwirtschaft 
          leben. Es ist allerdings nicht sinnvoll, alle Siedlungen, auf die dieses 
          Kriterium zutrifft, Städte zu nennen. Selbst wenn dem noch Vielseitigkeit 
          der Gewerbe als Kriterium hinzufügt wird, hat man den entscheidenden 
          Punkt noch nicht gefunden. 
          
          "Die [Stadt] kann grundsätzlich in zweierlei Art begründet 
          sein. Nämlich a) in dem Vorhandensein eines grundherrlich, vor 
          allem eines Fürstensitzes als Mittelpunkt, für dessen ökonomischen 
          und politischen Bedarf unter Produktionsspezialisierung gewerblich gearbeitet 
          [wird] und Güter eingehandelt werden. Einen grundherrlich oder 
          fürstlichen Oikos aber pflegt man nicht Stadt zu nennen, obwohl 
          historisch ein sehr großer Bruchteil der wichtigsten "Städte" 
          aus solchen Siedlungen hervorgegangen ist. ... b) Das Bestehen eines 
          regelmäßigen Güteraustausches am Ort der Siedlung als 
          wesentlicher Bestandteil des Erwerbs und der Bedarfsdeckung der Siedler." 
          
          
          Ein Markt macht eine Siedlung noch nicht zur Stadt, er ist jedoch ein 
          notwendiges Kriterium. Der Markt soll ökonomischer Mittelpunkt 
          sein zum Verkauf von lokal oder im näheren dem Umland gefertigten 
          Waren, die zum Zwecke eben des Verkaufs gefertigt oder erworben wurden. 
          Sehr oft beruht diese Art Markt auf der Konzession bzw. der Schutzzusage 
          eines Grundherren oder Fürsten. Deckte z.B. der fürstliche 
          Haushalt seinen Bedarf auf dem örtlichen Markt, trat dieser als 
          ökonomische Basis der Stadt in den Vordergrund und die Stadt war 
          nicht länger nur ein Anhängsel eines Fürstensitzes. Viele 
          Städte entstanden jedoch auch durch den Zusammenschluss von Interessengruppen, 
          seien es Ursupatoren oder Einheimische. Dies war aber nicht der Regelfall.
          
          Zu einer Stadt gehören also neben einer gewissen Größe 
          und Geschlossenheit folgende Kriterien:
        
          -  
            verschiedene von der Landwirtschaft unabhängige Gewerbe als überwiegende 
            Einkommensquelle der Siedler
 
-  
            ein ständiger Markt
          All diese Kriterien erscheinen notwendig. Die scharfe Definition einer 
          Stadt erlauben sie aber nicht. Eventuell geben die verschiedenen Typen 
          von Städten einen Hinweis. Kriterium für eine Definition des 
          Stadttyps ist die Hauptquelle der Kaufkraft. 
          
          
        Typen 
          von Städten
          
          Es gibt verschiedene Typen von Städten, die ökonomisch besonders 
          von einem Konsumententyp abhängig sind. Es können dies Fürsten 
          sein, aber auch Beamte (z.B. Peking) oder Rentner (z.B. Moskau vor Aufhebung 
          der Leibeigenschaft). Diese "Rentner kann man nach Art ihrer 
          Einkünfte klassifizieren. Ihre Einnahmequelle kann aus Geschäftsquellen 
          kommen, z.B. Wertpapiere. Die Kaufkraft ruht dann auf geldwirtschaftlichen 
          Quellen. Andererseits kann ihre Kaufkraft auf staatlichen Pensionen 
          beruhen (Beispiel "Pensionopolis" Wiesbaden). In beiden Fällen 
          ist die Stadt eine Konsumentenstadt."
          
          Der umgekehrte Fall wäre die sogenannte Produzentenstadt. Städtische 
          Grundrenten, die durch Vermietung erzielt werden, sind von z.B. der 
          Pensionopolis zu unterscheiden. Sie haben ihre Quelle direkt oder indirekt 
          im ortsansässigen Gewerbe oder Handel. Es handelt sich hier um 
          Handels- oder Gewerbestädte
          
          Als Exemplarisch für die Produzentenstadt nennt Weber das Ruhrgebiet. 
          Dort beruht das Anschwellen der Bevölkerung und deren Kaufkraft 
          auf der Ansiedlung von Industrie, die auswärtige Gebiete versorgt. 
          Konsumenten sind a) die Unternehmer, die als Großkonsumenten auftreten 
          und b) die Arbeiter, die als Massenkonsumenten auftreten. Handelt es 
          sich im Ruhrgebiet um Gewerbestädte, existieren in der Kategorie 
          der Produzentenstadt auch die sog. Handelsstädte. Hier beruht die 
          Kaufkraft auf den Erträgen aus Handelsunternehmungen. Dabei werden 
          entweder auswärtige Produkte auf dem einheimischen Markt mit Gewinn 
          veräußert oder einheimische Waren auswärts abgesetzt. 
          Eine dritte Möglichkeit wäre eine Art Zwischenhandel. Meist 
          handelt es sich in der Praxis um ein Gemisch aus allen drei Formen. 
          Auch bei Händlerstädten beruht die Kaufkraft auf einheimischem 
          Gewerbe. In der Praxis zeigt sich, dass die meisten Städte Mischtypen 
          sind.
          
          Auch die Beziehung der Städte zur Landwirtschaft ist keineswegs 
          eindeutig. Es gibt z.B. Ackerbürgerstädte. Dort deckt eine 
          breite Schicht der Bevölkerung ihren Bedarf an Nahrungsmitteln 
          eigenwirtschaftlich und teilweise sogar für den Export. Der Normalfall 
          ist jedoch, dass mit zunehmender Größe der Stadt dem einzelnen 
          Bürger weniger Land für Landwirtschaft zur Verfügung 
          steht. Typische Vertreter der Ackerbürgerstädte sind die antiken 
          Poleis. Im Idealfall besaß jeder Bürger der Polis ein eigenes 
          Stück Land, das ihn voll ernährte. Im Mittelalter dagegen 
          konzentrierte sich das Land zunehmend in der Hand einer kleinen Oberschicht. 
          Wie u.a. der Fall des Miltiades zeigt, gab es dies aber auch schon in 
          der Antike.
          
          Aber - "... wo innerhalb einer geschlossenen Siedlung nur das 
          Maß der landwirtschaftlichen Eigenbedarfsdeckung oder - was damit 
          nicht identisch ist - der landwirtschaftlichen Produktion im Verhältnis 
          zum nicht landwirtschaftlichen Erwerb und das Fehlen und Bestehen von 
          Märkten Unterschiede konstituiert, da werden wir von Gewerbe und 
          Händlerortschaften reden, aber nicht von einer Stadt." 
          
          Eine Stadt ist nicht nur ein Wirtschaftsverband, sondern auch wirtschaftsregulierender 
          Verband. Sie unterscheidet sich damit aber erst vom Dorf, wenn die Gegenstände 
          dieser wirtschaftspolitischen Regulierung von Verbands wegen erfolgen 
          und diese Regeln einen bestimmten Umfang charakteristischer Maßregeln 
          erreichen. Diese berücksichtigen, dass die Stadt in meist auf eine 
          Versorgung mit Nahrungsmitteln aus dem Umland angewiesen ist. Neben 
          einer Versorgung mit Nahrungsmitteln muss ebenfalls gewährleistet 
          sein, dass der Handwerker einen steten Absatz findet. In diesem Sinn 
          also muss eine Stadtwirtschaft regulieren. Wie das im Einzelnen aussieht, 
          ist dabei unerheblich.
          
          Eine rein ökonomische Definition der Stadt ist nicht sinnvoll. 
          Es muss die politische Komponente hinzukommen. Der Träger der Wirtschaftspolitik 
          kann ein Fürst sein oder die Bürgerschaft selber. Doch selbst 
          im Falle, dass ein Fürst Träger der Wirtschaftspolitik ist, 
          muss es innerhalb der Stadt Administration geben. 
          
          Es ist allerdings sinnvoll, den ökonomischen vom politisch administrativen 
          Stadtbegriff zu trennen. So kann eine Ortschaft im politisch-administrativen 
          Sinne eine Stadt sein, obwohl sie es vom rein ökonomischen Standpunkt 
          aus nicht ist und vielleicht 90 % der Einwohner von der Landwirtschaft 
          leben. Doch selbst hier müssten sich die Regelungen der Grundbesitzverhältnisse 
          von den ländlichen unterscheiden. Ausdruck dafür sind Besteuerungsgrundsätze.
          
          In sehr vielen Fällen war die Stadt auch Festungs- oder Garnisonsstadt, 
          und dementsprechend ummauert (vgl. Ägypten). Doch auch die "Stadtmauer" 
          ist kein eindeutiges Kriterium. Während in Japan (das bronzezeitliche 
          Kreta sei hier noch zurückgestellt) die Städte keine Stadtmauern 
          hatten, waren in China auch die Dörfer ummauert. Auch hatte beinahe 
          jede griechische Polis zumindest eine befestigte Akropolis, doch Sparta 
          z.B. nicht. In aller Regel besaßen Städte eine Befestigung, 
          in besonders unsicheren Gegenden oder Zeiten aber auch jedes Dorf. Historisch 
          gesehen scheint der Ursprung dieser Schutzmauern die herrschaftliche 
          Burg zu sein (vgl. die Entwicklung der Stadtbefestigung in Mykene). 
          
          
          
        Über 
          die Arten von Städten außerhalb des Okzident
          
          Im Okzident sind Städte geprägt durch einen relativ stark 
          gewerblich-händlerischer Charakter. Typisch ist eine Stadtbefestigung. 
          Ökonomischer Mittelpunkt ist auch hier ein Markt. Städte zeichnen 
          sich zumindest teilweise durch ein eigenes Recht aus. Ein weiteres Merkmal 
          ist ihr Verbrauchscharakter, ihre teilweise Autonomie und Autokephalie 
          (Verwaltung durch Behörden, an deren Bestellung die Bürger 
          beteiligt waren.) Rechte kleiden sich in aller Regel in ständische 
          Privilegien. Charakteristischer Träger dieser Privilegien ist der 
          Bürgerstand. In der Praxis sind selten alle Merkmale dieses Idealtyps 
          vorhanden. 
          
          In Asien sind die Kriterien andere. Einen Stadtbürger in seiner 
          privilegierten Form kannte man dort nicht. V.a. die angesprochene Partizipation 
          an der Rechtsprechung gab es hier nicht. In Asien hatten in der Regel 
          Gilden oder sogar Kasten ihren Sitz in der Stadt. Außerdem fehlte 
          in Asien die autonome Verwaltung und der Verbandscharakter der Stadt. 
          In China und Japan waren die Dörfer sogar autonomer regiert als 
          die Städte. Hier lag die Macht in den Händen der Ältesten. 
          In Indien dagegen verhinderte das Kastenwesen die Entwicklung eines 
          Bürgerstandes.
          
          In Ägypten und Vorderasien waren Städte in aller Regel Festungen 
          und Amtsitze mit Marktprivileg des Königs. In Zeiten starker Großkönige 
          fehlte den Siedlungen jegliche Autonomie, Gemeindeverfassung und privates 
          Bürgertum. „Stadtprivilegien“ wurden in Ägypten 
          an feudale oder präbendale Träger der Amtsgewalt verliehen, 
          nicht zugunsten einer autonomen Bürgerschaft. Das Beispiel Elefantine 
          zeigt, wie elementar wichtig die Stadtbefestigung den Ägyptern 
          war. Sie entstand, bevor irgendein Haus errichtet war. Alle späteren 
          Erweiterungen maßen sich an Realisierbarkeit innerhalb einer Ummauerung.
          
          In Mesopotamien, Syrien und Phönizien entwickelte sich v.a. in 
          der Frühzeit das Stadtkönigtum. Zumeist entstanden Städte 
          aus Handels- und Karawanenplätzen. Die Träger der Macht konnten 
          geistlichen oder weltlichen Charakters sein. Typisch waren aufstrebende 
          Patriziergeschlechter, die ins Stadthaus aufstiegen.
          
          Der kanaanäische Städtebund war ein Zusammenschluss wagenkämpfender 
          aber stadtsässiger Ritterschaft, welche die Bauern in Schuldknechtschaft 
          und in einem Klientenverhältnis hielt. In Mesopotamien sah es ganz 
          ähnlich aus. Der Vollbürger mit Landbesitz war von den Bauern 
          geschieden. Immunitäten und Freiheiten von Städten waren vom 
          König verbrieft. Das aufstrebende Militärkönigtum beendete 
          diese Entwicklung. Politisch autonome Städte mit einem entwickelten 
          Bürgertum gab es also in Mesopotamien ebenfalls nicht!
          
          Die Phönizier behielten den Stadtstaat mit der Herrschaft des an 
          den Handelsgewinnen beteiligten Patriziats.
          
        Mekka
          
          Auf der Suche nach der "Ur-Stadt" stellt sich schnell heraus, 
          wie unterschiedlich die Ideen zum Thema Stadt gewesen sind. Zumindest 
          am Rand des Mittelmeers und am Euphrat finden sich jedoch Analogien 
          zur griechischen Polis. Typisch war hier die Herrschaft eines städtischen 
          Patriziats, dessen Macht primär auf einem gewissen Reichtum beruhte. 
          Meist wurde dieser durch Handel erworben. Anderen Quellen des Wohlstands 
          waren Grundbesitz, Investition in Sklaven und Einkünfte z.B. aus 
          Schuldsklaverei. Militärisch ruhte diese Macht auf der Ausbildung 
          im Kampf. Lokal war diese Aristokratie meist verfeindet, doch schloss 
          man sich nach außen zusammen oft genug mit einem König als 
          primus inter pares zusammen. Vor der hellenistischen Zeit wurde dieses 
          Stadium auf Dauer nie überschritten. Dieses System galt auch in 
          den Städten der arabischen Küste, wenn die Autonomie des Adels 
          und der Städte nicht schon vernichtet waren. Die "Stadt" 
          war jedoch nicht notwendig zu einem selbstständigen Verband zusammengeschlossen. 
          Das genaue Gegenteil konnte der Fall sein. Das Paradebeispiel der "Geschlechtersiedlung" 
          ist Mekka. 
          
          Mekka war umgeben von Bilâds; grundherrlichen Besitzungen adliger 
          Sippen, die von Bauern, Klienten und im Schutzverhältnis stehenden 
          Beduinen besetzt waren. Die Bilâds lagen fast stets im Gemenge. 
          Alle adligen Sippen, aus deren Reihen schon einmal ein Sherîf 
          kam, waren Dèwî. Der Sherîf wurde in aller Regel, 
          nicht wie vorgesehen vom Kalifen eingesetzt, sondern von den in Mekka 
          ansässigen Häuptern der Dèwî benannt. Die Häupter 
          der Dèwî, die Emîre, wohnten in der Stadt, weil dies 
          Gelegenheit zur Ausbeutung der Pilger eröffnete. Zwischen den Emîren 
          bestand ein Agreement über die Wahrung des Friedens und über 
          den Teilungsschlüssel für den Gewinn. Doch war diese Absprache 
          jederzeit kündbar, was eine Fehde außerhalb und innerhalb 
          der Stadt bedeutete. Zur Durchführung bediente man sich seiner 
          Sklaventruppen. Die unterlegene Partei hatte danach die Stadt zu meiden, 
          doch weder Leben noch Besitz wurden angetastet, da es ein höheres 
          Interesse gab. Dieses richtete sich nach außen.
          
          
          So bestanden in der Neuzeit in Mekka folgende Autoritäten:
        
          -  
            die Medschlis - von den Türken eingerichteter Verwaltungsrat, 
            der nur auf dem Papier existierte
 
- der 
            türkische Gouverneur als Schutzherr
 
-  
            die 4 Qâdis der orthodoxen Riten, von Schutzherr oder Shèrîf 
            eingesetzt. Sie waren stets Mitglieder der vornehmsten Familie
 
-  
            der Shèrîf, Oberhaupt der städtischen Adelskooperation 
            - zumindest für die Einheimischen die eigentliche Autorität
 
-  
            die Zünfte, z.B. der Fremdenführer, deren Stellungnahme 
            oft genug den entscheidenden Ausschlag bei Konflikten gab.
 
-  
            die Stadtviertel mit ihren Ältesten.
 
        Da 
          sich eine klagende Prozesspartei die ihr genehmste Autorität aussuchen 
          konnte, entstand eine Konkurrenzsituation. Dabei ist nie ein Zunftregiment 
          entstanden. Ausschlaggebend war die Stärke der Sklaventruppen und 
          die resultierte direkt aus der Größe des Gewinnanteils. Das 
          sah im Mittelalter in den italienischen Städten nicht viel anders 
          aus. Immer war die Tendenz vorhanden, das die Macht in die Hände 
          der Ritterschaft als Träger der militärischen Macht glitt. 
          In Mekka fehlte der Verbandscharakter der Stadt völlig. In diesem 
          Punkt ist Mekka und die arabische Stadt im Allgemeinen das genaue Gegenteil 
          der griechischen Poleis des Altertums oder den "communes" 
          des frühen italienischen Mittelalters. Lässt man jedoch die 
          islamischen Züge weg oder transponiert sie in christliche, scheinen 
          diese "arabischen Zustände" die typische Stadt vor der 
          Entstehung des Gemeindeverbandes zu zeigen.
          
          
        Was 
          folgt?
          
          Der Aufsatz Max Webers beantwortet die Frage: „Was ist eine Stadt?“ 
          ebenso wenig zufriedenstellend, wie die gesamte Forschung seitdem. Er 
          stellt Stadtmodelle vor und zeigt, welche Merkmale eine Siedlung noch 
          nicht zur Stadt machen. Inwieweit diese hilfreich sein werden bei den 
          Verhältnissen auf Kreta, wird noch zu zeigen sein. Der Vergleich 
          mit Ägypten kann wohl ohne weiteres abgelehnt werden. Eine starke 
          Zentralmacht ist im minoischen Kreta weder nachzuweisen noch zu vermuten. 
          Außerdem sind die Siedlungen offensichtlich nicht befestigt gewesen. 
          Gesellschaftliche Strukturen, wie eine Ritterschaft, die Bauern knechtet, 
          lassen sich aus dem archäologischen Kontext nicht erschließen. 
          Da wir außerdem kaum brauchbaren Textquellen zur Verfügung 
          haben, kann der Rechtscharakter und sein Kontext vernachlässigt 
          werden. Was bleibt dann noch übrig? 
          
          Eine Stadt soll eine gewisse Größe haben und siedlungstechnisch 
          eine Zusammenhörigkeit anzeigen. Die Größe ist dabei 
          eine relative Zahl. Man könnte sagen: Wo es eine Stadt gibt, muss 
          es auch eine "Nicht-Stadt" geben. Gerade dieser Punkt scheint 
          mir besonders wichtig zu sein. Ob nun privilegierte Bürger oder 
          Beamte von Königs Gnaden, eine Stadt braucht Administration. Darüber 
          hinaus ist unverzichtbar: ein Markt, differenziertes Handwerk und eine 
          erkennbare Infrastruktur.